Agroklimatischer Informationsdienst im bolivianischen Hochland

Nachhaltige Landwirtschaft
24.01.2022
Die Ausbreitung von Schädlingen und die zunehmende Häufigkeit von Unwettern sind die beiden wichtigsten Schadeinflüsse auf die Agrarproduktion in Bolivien. 2021 hat Swisscontact meteorologische Stationen installiert, mit deren Hilfe Klimarisiken und Ausbrüche von Pflanzenkrankheiten rechtzeitig erkannt und verhütet bzw. eingedämmt werden sollen. Die Stationen sammeln agroklimatische Daten und liefern Wetterprognosen und -warnungen für ein kleines Gebiet im Süden von La Paz.

Das System beruht auf Informationsaustausch: Agroklimatische Daten von einer Gruppe von Landwirtinnen und Landwirten werden erfasst, und Prognosen und Frühwarnungen werden zurück an die Gemeinde übermittelt. Somit wurde die Einführung des Systems zur kollektiven Leistung: Die gesamte Gemeinde sowie private und öffentliche Akteure sind darin eingebunden. Zudem ist der meteorologische Service erschwinglich, was es den Kleinbauern bzw. der Gemeinde ermöglicht, den Dienst auch nach der Pilotphase zu nutzen.

“Über Handys und Apps melden wir, wann wir unsere Felder bewässern und wann Schädlinge oder Krankheiten auftreten.„
Dayana Morales, Landwirtin 
Rafael Lindemann in der Gemeinde Mantecani, Patacamaya

Der Koordinator des Pilotprojekts in der Gemeinde Palca, Rafael Lindemann, fügt hinzu: 

«Einer der Vorzüge dieses Experiments ist, dass es technologische und menschliche Ressourcen nutzt, die aus der Region stammen oder hier ausgebildet wurden. Heutzutage kann man in den Städten jederzeit auf Wettervorhersagen zugreifen. Aber diese Vorhersagen sind oft nicht auf ländliche Gebiete anwendbar, da sie andere Analysefaktoren verwenden. Dies macht sich bemerkbar, wenn es um Schädlinge oder Pflanzenkrankheiten geht. Der Anstieg von Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit begünstigt bekanntlich die Ausbreitung von leicht vermeidbaren Pilzen und Bakterien, wie Mehltau oder Weissfäule.» 

Prävention gegen die Risiken des Klimawandels

Marco Patiño in der Gemeinde Sica Sica

Marco Patiño, Stationsleiter in einer anderen Gemeinde, ist ebenfalls zuversichtlich, dass die Nachahmung dieses Versuchs in Patacamaya den Kartoffel- und Quinoabauern zugutekommen wird: 

«In Zusammenarbeit mit der interinstitutionellen Plattform von Patacamaya hat die Gemeinde jetzt ein System für das lokale Risikomanagement in der Landwirtschaft eingeführt. Dazu bilden wir Studierende aus, die dann die Daten, die von der kleinen Wetterstation geliefert werden, analysieren und spezielle Wochenberichte erstellen, die wir über die sozialen Netzwerke verbreiten.» 

Maya Apaza ist eine der Verantwortlichen für die Videovorhersagen

Mit der Verbreitung solcher Vorhersagen in der Landwirtschaft werden gemeinschaftliche Präventivmassnahmen gegen die Risiken des Klimawandels gefördert. Maya Apaza, eine Agronomiestudentin, die für die Erstellung der Videovorhersagen verantwortlich ist, bestätigt dies:

«Die Bauernfamilien nutzen die Prognosen bei allen produktiven Tätigkeiten. Ausserdem schreiben sie uns, dass unsere Vorhersagen zuverlässig sind, und dass sich ihre Nachbarn beispielsweise zusammentun, um zur Verhinderung von Frostschäden Feuer zu machen oder, etwa während einer Hitzewelle, ihre Kulturen zusätzlich zu bewässern».

Pilotsystem für Klimavorhersage und Frühwarnung vor Schädlingen und Pflanzenkrankheiten (Video auf Spanisch mit englischen Untertiteln)

Derzeit gibt es in der Region Mantecani südlich von La Paz, etwa 15 Minuten von Patacamaya entfernt, drei meteorologische Stationen, und es bestehen bereits Pläne zur Ausweitung des Vorhersagesystems auf weitere Gemeinden. 

Franz Miralles, Projektkoordinator bei Swisscontact: «Dieses Experiment kann auf eine landesweite Ebene übertragen werden. Das erste Anzeichen für eine Verhaltensänderung war eine effizientere Nutzung von Wasser zur Pflanzenbewässerung, und das wiederum bewirkt unmittelbar ein Ausbleiben von Schädlingen und Krankheiten.» 

Das Experiment ist Teil des von Swisscontact umgesetzten Projekts Inclusive Markets und wurde von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und der schwedischen Agentur für internationale Entwicklungszusammenarbeit (SIDA) finanziert.

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